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Einflussfaktor Klimawandel: Mikrobiota im Wandel

Klimawandel – ein Thema, das in vielen Bereichen präsent ist, egal ob in der Wissenschaft, der Politik oder beim Frisör. Dabei geht es häufig darum, wie man ihn aufhalten kann, wie er das Wetter beeinflusst oder welche Gradziele wir wann erreichen müssen, um „auf einem guten Weg zu sein“. Wir möchten einen ganz anderen Aspekt des Klimawandels einmal genauer beleuchten: den Klimawandel und seinen Einfluss auf die Mikrobiota.

Klimawandel: Einfluss auf die Biodiversität

An dieser Stelle möchten wir nur auf die wichtigsten Fakten eingehen und damit auch auf die Bedeutung dieser Thematik, die uns alle betrifft, hinweisen. Ausführliche Zahlen und Daten können Sie zum Beispiel im aktuellen IPCC-Bericht des Weltklimarats nachlesen.

Zitat

"Der menschliche Einfluss ist nicht nur der wesentliche Treiber für die Erwärmung des Klimasystems, sondern auch für die Zunahme von Extremwetterereignissen. Die Häufigkeit und die Intensität etwa von Starkregenereignissen oder Hitzewellen steigen durch den Klimawandel an“, sagt Prof. Dr. Veronika Eyring (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Universität Bremen). [1]

Weiterhin sind das Klima und die biologische Vielfalt eng miteinander verknüpft. Das Klima entscheidet darüber, welche Tiere und Pflanzen in welchen Regionen lebensfähig sind. Verändert sich das Klima, hat dies natürlich Einfluss auf diese Lebensräume. Temperaturveränderungen, Niederschläge oder Extremwetterereignisse können das Verhalten, die Fortpflanzung und die Nahrungsbeziehungen von Pflanzen und Tieren beeinflussen und somit das Gleichgewicht des Ökosystems stören. Den Prognosen zufolge werden sich für viele der in Deutschland vorkommenden Arten die klimatisch geeigneten Lebensräume nach Norden und Osten, in höhere Lagen der Gebirge oder entlang der Feuchtegradienten verschieben. Schrumpft ein Verbreitungsgebiet oder geht gar ganz verloren, kann dies auch zur Bedrohung und zum Aussterben von Tier- und Pflanzenarten führen. Mit zunehmendem Klimawandel sinkt somit die Biodiversität. [2]

Was ist die Biodiversitätshypothese?

Die schrumpfende Biodiversität bringt dabei auch für unsere Gesundheit Probleme mit sich und steht in Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung von Allergien und anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Der immer weniger werdende Kontakt der Menschen mit der Umwelt resultiert in einer Beeinträchtigung des humanen Mikrobioms und schließlich auch seiner Immunfunktion.

Dies bestätigte auch eine finnische Studie, in der die allergische Disposition von Jugendlichen in einer heterogenen Region untersucht wurde. Hier zeigte sich, dass Allergiker und Allergikerinnen im Vergleich zu gesunden Studienteilnehmenden einer geringeren biologischen Vielfalt in der Umwelt ausgesetzt waren. Auf ihrer Haut wurde eine signifikant geringere generische Vielfalt von Gamma-Proteobakterien gefunden [3].

Viele Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft unterstützen die Biodiversitätshypothese. So erklärte die World Allergy Organization (WAO), dass „der Verlust der biologischen Vielfalt zu weniger Interaktionen zwischen Umwelt- und menschlicher Mikrobiota führt, was wiederum Immunstörungen und gestörte Toleranzmechanismen zur Folge hat“. [4] Das Mikrobiom ist ein wichtiger Akteur bei der Entwicklung und Erhaltung des Immunsystems. Es ist auch an der Entwicklung des zentralen Nervensystems beteiligt. Funktionsstörungen durch mangelndes Eintauchen in die artenreiche Natur können zu schwerwiegenden entzündlichen, autoimmunen und neurologischen Erkrankungen führen. [5]

Effects of Dysbiosis: Zu welchen Problemen kann eine Störung der Mikrobiota führen?

Die Mikrobiota spielt eine wichtige Rolle bei der Modulation des Immunsystems. Störungen der Darmmikrobiota, d. h. Dysbiose, können zu einer Funktionsstörung dieser Prozesse führen und das Risiko für multiple entzündliche und Autoimmunerkrankungen erhöhen. Diese Dysbiose-induzierte Immundysregulation wird durch Studien gestützt, die zeigen, dass Patienten und Patientinnen mit diesen Krankheiten Mikrobiota-Profile aufweisen, die sich von gesunden Probanden unterscheiden. [5] Auch der Zusammenhang zwischen Dysbiose und Allergie ist gut belegt. Beobachtende Studien haben ergeben, dass eine Störung der Darmbesiedelung im frühen Leben, zum Beispiel durch Kaiserschnitt, frühes Abstillen oder fehlendes Stillen, zu veränderten Mikrobiota-Profilen und einer erhöhten Inzidenz von allergischen Erkrankungen führen kann. [6]

Andere Untersuchungen zeigen, dass Kinder, die in landwirtschaftlichen Umgebungen aufgewachsen sind, weniger Allergien haben, und dass etwa 90 % dieser Wirkung auf die mikrobielle Exposition zurückgeführt werden konnten. [7] Lesen Sie auch den Beitrag zur klinischen Wirksamkeit verschiedener probiotischer Milchsäurebakterien im Hinblick auf die Modulation des Immunsystems. Hier wird der zukünftige Einsatz von Probiotika auch als vielversprechendes Mittel zur Unterstützung der Behandlung verschiedener Viruserkrankungen diskutiert. [8]

Es wird deutlich, dass die Auswirkungen des Klimawandels über die natürliche Umwelt hinaus gehen und auch die Gesundheit der Menschen stark beeinflusst wird. Klimawandel ist längst kein reines Zukunftsthema mehr. Es berührt schon jetzt jeden von uns. Unser Körper hat die unglaubliche Fähigkeit, sich an die Umwelt anzupassen. Diese Anpassung dauert jedoch Generationen.

                              

Quellen

  1.  https://klimasimulationen.de/weltklimarat/

  2. https://www.bfn.de/themen/klimawandel-und-biodiversitaet/daten-und-fakten.html

  3. Hanski et al. (2012): Environmental biodiversity, human microbiota,and allergy are interrelated. PNAS May 22, 2012 109 (21) 8334-8339. https://doi.org/10.1073/pnas.1205624109

  4. WAO Special Committee on Climate Change and Biodiversity. The biodiversity hypothesis and allergic disease: World allergy organization position statement. World Allergy Organ. J. 2013, 6, 3. https://doi.org/10.1186/1939-4551-6-3

  5. Carly Ray and Xue Ming (2020): Climate Change and Human Health: A Review of Allergies, Autoimmunity and the Microbiome. Int J Environ Res Public Health. 2020 Jul; 17(13): 4814. https://dx.doi.org/10.3390%2Fijerph17134814

  6. Bridgman et al. (2016): Gut microbiota and allergic disease in children. Ann. Allergy Asthma Immunol. 2016, 116, 99–105. https://doi.org/10.1016/j.anai.2015.10.001

  7. (7) Molloy et al. (2013): The Potential Link between Gut Microbiota and IgE-Mediated Food Allergy in Early Life. Int. J. Environ. Res. Public Health 2013, 10(12), 7235-7256. https://doi.org/10.3390/ijerph10127235

  8. [8] Kanauchi et al. (2018): Probiotics and Paraprobiotics in Viral Infection: Clinical Application and Effects on the Innate and Acquired Immune Systems. Current pharmaceutical design, 24(6), 710-717. https://doi.org/10.2174/1381612824666180116163411