Wir sind untrennbar mit unserer Darmmikrobiota verbunden – dies macht Prof. Konstantinos Gerasimidis von der Universität Glasgow (Schottland) als erster Redner des Internationalen Yakult Symposiums 2024 deutlich: „Wir kümmern uns um Nahrung für unsere Darmbakterien und sie sorgen wiederum für die Verdauung unserer Nahrung.“ Gerasimidis erklärt ebenso, was mit der Mikrobiota passiert, wenn keine Nahrung in den Darm gelangt: „Untersuchungen bei Kindern, die aufgrund einer gestörten Darmfunktion keine Nahrung aufnehmen können, zeigen, dass sich grundsätzlich die Art und Anzahl der Darmbakterien zu derer gesunder Kinder unterscheidet.
Es ist auch bekannt, dass die Mikrobiota unter einer Ernährungsweise, die hauptsächlich aus verarbeiteten und zuckerhaltigen Lebensmitteln besteht, viel weniger vielfältig ist als die eines Menschen, der sich ausschließlich von unverarbeiteten Lebensmitteln ernährt. Je mehr verschiedene Bakterien sich in unserem Darm befinden, desto besser ist das für unsere Gesundheit.“ Bestimmte Ernährungsgewohnheiten wirken sich positiv auf die Entwicklung von guten Bakterien aus, wobei Gerasimidis die positiven Effekte des Verzehrs ballaststoffreicher Lebensmittel betont (siehe Abbildung).
Fermentierte Lebensmittel: Gesunder Genuss
Prof. Paul Cotter, Leiter der Lebensmittelbiowissenschaften am Teagasc Food Research Centre und leitender Forscher bei APC Microbiome Ireland, forscht zur Rolle von fermentierten Lebensmitteln für die Darmgesundheit.
„Fermentierte Lebensmittel haben in verschiedener Weise positiven Einfluss auf die Darmmikrobiota. Dieser gesundheitsfördernde Einfluss kann auf die Lebensmittel selbst zurückzuführen sein, aber auch auf die Stoffwechselprodukte, die bei der Fermentation entstehen. Darüber hinaus können sowohl die fermentierten Lebensmittel, die an der Fermentation beteiligten Mikroorganismen als auch die Stoffwechselprodukte selbst mit der Darmmikrobiota, dem Darmepithel oder sogar direkt mit dem Immunsystem interagieren. Und das wiederum kann sich auf die Gesundheit des Darms auswirken.“
Als Highlight berichtet Prof. Dr. Cotter davon, dass der FDA (US-amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde) erst kürzlich erstmalig eine qualifizierte gesundheitsbezogene Angabe für fermentierte Lebensmittel zugelassen habe.
„Sowohl Mikrobiota als auch Hormonsysteme sind sehr komplex“, sagt Prof. Max Nieuwdorp, Internist und Endokrinologe am Amsterdamer UMC und Autor des Buches „Achtung, Hormone“.
In den Wechseljahren sinken die weiblichen Sexualhormone stark ab. Dieser akute Hormonabfall hat nicht nur enorme Auswirkungen auf das körperliche und geistige Wohlbefinden von Frauen, sondern auch auf die Darmfunktion. Insbesondere Veränderungen der Darmmikrobiota können bei Frauen zu einem höheren Risiko für Fettlebererkrankungen führen. Prof. Nieuwdorp erklärt: „Die Forschung zeigt, dass bestimmte Darmbakterien Alkohol produzieren können, was zu einer Fettleber führen kann. In den Wechseljahren steigt die Anzahl dieser alkoholproduzierenden Bakterien, vor allem, wenn viel zucker- und fruktosehaltige Nahrung aufgenommen wird.“
Laut Prof. Nieuwdorp könnte die Beeinflussung der Darmmikrobiota durch eine gesunde Ernährung eine Möglichkeit sein, das Risiko einer Fettlebererkrankung zu minimieren: „Darmbakterien scheinen eine Rolle dabei zu spielen, wie wir uns fühlen. Unserer Ernährung kommt damit eine enorme Bedeutung zu: Denn was wir essen, bestimmt zum Teil, welche Nervenzellen im Darm stimuliert werden, welche Art von Bakterien dort wachsen und welche Hormone produziert werden.“
Assoc. Prof. Ludvine Doridot, Universität Paris Cité – Institut Cochin, machte in ihrem Vortrag ebenso deutlich, welche Rolle die Ernährung und das Mikrobiom bei der Erkrankung Endometriose spielen (siehe Abbildung).
Darm als Dirigent der Gesundheit
Unser Darm erfüllt weit mehr Aufgaben als nur die Verdauung von Nahrung. Wäre der Magen-Darm-Trakt ein Dirigent, dann wäre die gesunde Darmmikrobiota das Orchester, in dem all die verschiedenen Bakterien eine Harmonie bilden. Wird dieses Orchester gestört, entsteht eine Disharmonie im Zusammenspiel. So zeigt auch die aktuelle Forschung: Die Gesundheit des Darms hat Einfluss auf den gesamten Körper.
Hier geht es zum Nachbericht des Internationalen Yakult Symposiums 2024 in Amsterdam:
https://yakultsciencede.kinsta.cloud/wp-content/uploads/2024/06/Nachbericht_IYS_2024.pdf