ProBiotica News

Life-Sports-Balance: Wie Sport, Ernährung, Darmmikrobiota und Stress zusammenhängen

Die Abläufe und Mechanismen, die im menschlichen Organismus ineinandergreifen, sind immer wieder erstaunlich und scheinen unergründlich. Alles hängt zusammen, beeinflusst sich – sowohl positiv als auch negativ. Eine große Rolle spielt dabei die Darmmikrobiota, die über verschiedene Signalwege mit zahlreichen Organen verbunden und Teil unseres Immunsystem ist. In diesem Beitrag schauen wir uns anhand einiger Studienbeispiele an, inwieweit Sport, Ernährung, Stress und die Darmmikrobiota zusammenhängen. Neben dem Blick in die Forschung haben wir die Sportpsychologin Dr. Rita Regös sowie den Ernährungswissenschaftler und Sportexperten Dr. Georg Abel zur richtigen „Life-Sports-Balance“ im Alltag befragt. Lesen Sie mehr zu deren Tipps … .

Lassen sich Stresssituationen kontrollieren?

Die Zusammensetzung der Darmmikrobiota und ihre Bedeutung für unser generelles Wohlbefinden rücken immer stärker in den Fokus von Ernährungswissenschaft und Medizin. Neben dem Einfluss auf das Immunsystem wird inzwischen auch die Bedeutung für die geistig-mentale Stabilität und Leistungsfähigkeit durch Forschungsergebnisse belegt. Eine japanische Studie des Yakult Central Instituts aus dem Jahr 2016 mit Medizinstudierenden hat dazu untersucht, welchen Einfluss die Aufnahme von Probiotika auf die körperliche Reaktion in Stresssituationen haben kann. Dabei zeigte sich, dass sich eine vielfältige und ausgeglichene Bakterienpopulation im Darm positiv auf die Ausprägung körperlicher und mentaler Stresssymptome auswirken und diese verringern kann. (1, 2)

Mit einer vielseitigen und ausgewogenen Ernährung leistet man einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung einer gesunden und diversen Zusammensetzung des Ökosystems im Darm, wobei Vielfalt beim Essen auch die Vielfalt im Darm fördert: Diese Theorie einer optimalen Ernährung ist einem Großteil der deutschen Bevölkerung bekannt. (3) Auch ist den meisten Menschen bewusst, dass Bewegung und Sport wichtig für die Gesundheit sind. (4) Trotz aller guten Vorsätze fällt es im Alltag manchmal schwer, dies in die Tat umzusetzen und eine gute „Life-Sports-Balance“ zu realisieren. Dabei ist gerade die innere Balance wichtig, da Stress uns „auf den Bauch schlagen“ und verhindern kann, dass wir uns ausgeglichen und wohlfühlen.

Können Probiotika Stresssymptome im Leistungssport lindern?

Auch im Leistungssport sind neben der hohen körperlichen Leistungsfähigkeit v. a. psychologische Attribute wie eine innere Ausgeglichenheit von großer Bedeutung, um Stress und die mögliche Angst vor Wettkämpfen zu bewältigen. Der Verzehr von probiotischen Getränken, die die Zusammensetzung der Darmmikrobiota positiv beeinflussen können, kann auch hier das Stressempfinden und die Wettbewerbsangst lindern, wie eine Gruppe sportwissenschaftlicher Forscher und Forscherinnen im Rahmen einer randomisierten Studie mit 30 Badmintonspielern und -spielerinnen (19 bis 22 Jahre alt) der Universiti Teknologi MARA in Malaysia feststellte. (5)

15 Teilnehmende tranken in einem Zeitraum von sechs Wochen täglich 80 ml eines probiotischen Getränks mit L. paracasei Shirota- (LcS)- (3×1010 koloniebildende Einheiten von LcS) gemischt mit 120 ml Orangensaft, während die gleichgroße Kontrollgruppe 200 ml reinen Orangensaft erhielt.

Während sich zu Studienbeginn (Woche 0) die Werte der drei psychologischen Parameter Stress, Wettbewerbsangst und Stimmung beider Gruppen ähnelten, sanken in der LcS-Gruppe nach sechs Wochen sowohl das Angst- als auch das Stressniveau der Studienteilnehmenden signifikant um 16 % (p<0,001) bzw. 20 % (p<0,001). In der Kontrollgruppe wurden keine signifikanten Veränderungen beobachtet. In Bezug auf die Stimmung konnte kein Unterschied zwischen beiden Gruppen festgestellt werden. Die Ergebnisse bezüglich der psychologischen Parameter decken sich mit den Erkenntnissen einer Studie von Adikari et al., die die Wirkung von LcS auf Stress und Angst bei 20 Fußballspielern im Verlauf von acht Wochen untersuchten. (6) Um die zugrundeliegenden Mechanismen zu untersuchen, müssen weitere Studien folgen.

Ein gutes Bauchgefühl mit der richtigen Life-Sports-Balance?

Die Bedeutung von Sport für die eigene Ausgeglichenheit, den Darm und das allgemeine Wohlbefinden erklärten Sportpsychologin Dr. Rita Regös und Ernährungswissenschaftler und Sportexperte Dr. Georg Abel im Yakult Online-Seminar „Life-Sports-Balance: Auf geht’s mit gutem Bauchgefühl“. Hier gaben beide hilfreiche Tipps, wie man einerseits die richtige Balance zwischen Bewegung und Regeneration findet, und sich andererseits gute Vorsätze in Gewohnheiten umwandeln lassen. Wir haben die beiden Referenten befragt:

Yakult: „Herr Dr. Abel, Ernährung und Sport sind die Schlüssel für einen gesunden Darm. Wieviel Sport braucht es, um die Darmgesundheit zu fördern?“

Dr. Georg Abel: „Durch regelmäßige körperliche Bewegung bzw. Sport unterstützen wir die Ausbildung einer gesundheitsfördernden Darmmikrobiota und die Bildung derer Stoffwechselprodukte (u. a. kurzkettige Fettsäuren) und unterstützen so auch unser Immunsystem. Gut dafür ist insbesondere lockeres bis moderates Ausdauertraining von 30 – 60 Minuten. Zudem sollte möglichst das Bewegungsverhalten im Alltag erhöht werden (z. B. Treppen, Fahrrad, zu Fuß gehen …).

Für die Darmgesundheit an sich sind generell ein gesundes Körpergewicht bzw. eine gesunde Körperzusammensetzung zuträglich. Um diese zu erreichen und zu halten, eignet sich neben einer bedarfsgerechten Ernährung und dem Ausdauertraining auch ein regelmäßiges Krafttraining. So werden das Herz-Kreislauf-System und die Muskulatur bestmöglich trainiert.“

Doch bereits der Vorsatz, Sport machen zu müssen, kann Stress erzeugen. Und das wirkt sich negativ auf die Darmmikrobiota und damit wiederum direkt auf das Wohlbefinden und die Stressresilienz aus. So kann sich das eigentlich gute Vorhaben auch ins Gegenteil verkehren.

Deshalb ist es besonders wichtig, den Stress einerseits zu verstehen und andererseits damit umzugehen.

Yakult: „Frau Dr. Regös, Stress ist ja maßgeblich negativ konnotiert. Lässt sich Stress auch nutzen, um Ziele zu erreichen?“

Dr. Rita Regös: „Stress als Reaktion bedeutet zunächst einmal eine Aktivierung des Körpers, die durchaus auch Vorteile haben kann. Denn durch diese Aktivierung wird die körperliche Leistungsbereitschaft gesteigert, die Sinne aber auch die Konzentration und die Reaktionsfähigkeit werden geschärft. All dies führt dazu, dass die Leistungsfähigkeit automatisch gesteigert wird. Diese allgemeine Aktivierung lässt uns Herausforderungen besser, schneller oder gezielter meistern.“

Yakult an beide: „Welche Voraussetzungen braucht es, um nicht in die Stressfalle zu tappen? Und wie gelingt es, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, ohne sich damit zu sehr unter Druck zu setzen?“

Dr. Rita Regös: „Zunächst einmal ist wichtig, das ‚Gestresst sein‘ zu hinterfragen. Nicht immer ist Stress tatsächlich Stress, also tatsächlich eine Belastung. Es kann auch eine gelernte Bewertung einer herausfordernden Situation sein. Besteht tatsächlich eine psychische Belastung, ist der nächste Schritt, die eigene Einstellung, Erwartungshaltung oder auch Befürchtung zu reflektieren. Will ich das alles tatsächlich heute schaffen oder habe ich mir in der Erwartung selbst gegenüber, all das tun zu müssen, einfach zu viel vorgenommen? Kann ich auch mal ‚nein‘ sagen oder einen Teil der Aufgaben auf den nächsten Tag verteilen? Somit ist eine ehrliche Selbstreflektion der beste Weg aus der Stressfalle.“

Dr. Georg Abel: „Letztendlich geht es darum, Bewegung zur Routine zu machen und diese künftig ganz selbstverständlich in den Alltag zu integrieren. Wichtig ist, für sich zunächst ein Ziel festzulegen und dabei in kleinen Schritten zu denken. Denn alles ist besser als nichts. 5 Minuten am Tag sind bereits 35 Minuten in der Woche und wiederum 1.820 Minuten im Jahr. Und das alles ist deutlich mehr als keine Minute. Um dabei zu bleiben, macht es Sinn, zunächst einmal zu prüfen, welche Sportart einem Spaß macht. Aber auch sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun und Verbindlichkeiten, z. B. regelmäßige ‚Sport-Dates‘, zu vereinbaren, können helfen. Eine 30-Tage-Challenge, wie beispielsweise jeden Tag 10 Minuten Spazierengehen oder 10 Liegestütze, Kniebeugen oder Sit-ups, kann ein guter Startschuss sein. Denn nach dem Motto ‚Der Appetit kommt beim Essen‘ wird daraus meistens mehr, und der Anfang ist gemacht. Das gute Gefühl, das entsteht, wenn man sein Ziel erreicht hat, motiviert automatisch dranzubleiben und gleichzeitig auch sich langsam zu steigern.”

Online-Seminar

Das Yakult-Online-Seminar „Life-Sports-Balance: Auf geht’s mit gutem Bauchgefühl“ mit Sportpsychologin Dr. Rita Regös und Sportexperte Dr. Georg Abel vom 12. Mai 2022 wurde aufgezeichnet und ist online abrufbar.

                              

Quellen

  1. Kato-Kataoka et al: Fermented milk containing Lactobacillus casei Strain Shirota preserves the diversity of the gut microbiota and relieves abdominal dysfunction in healthy medical students exposed to academic stress. Appl Environ Microbiol 2016; 82(12): 3649-58

  2. Kato-Kataoka et al: Fermented milk containing Lactobacillus casei strain Shirota prevents the onset of physical symptoms in medical students under academic examination stress. Beneficial Microbes 2016; 7 (2): 153-156

  3. Deutschland wie es isst – der BMEL Ernährungsreport 2021 (https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport2021.html, aufgerufen am: 17.05.2022)

  4. Paneuorpäische Yakult-Befragung: Die Befragung wurde 2021 von Yakult in verschiedenen europäischen Ländern wie Deutschland, Italien, Österreich, den Niederlanden, Großbritannien aber auch in Japan durchgeführt. Für Deutschland wurden 1.000 Personen ab 18 Jahren befragt.

  5. Salleh RM, Kuan G, Aziz MNA, et al. Effects of Probiotics on Anxiety, Stress, Mood and Fitness of Badminton Players. Nutrients 2021;13(6):1783. https://doi.org/10.3390/nu13061783

  6. Adikari A, Appukutty M, Kuan G. Effects of Daily Probiotic Supplementation on Football Player’s Stress and Anxiety. In Proceedings of the 5th International Conference on Physical Education, Sport and Health. Semarang, Indonesia; Atlantis Press: Paris, France, 2019;362:1–7.