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Leaky Gut: Wie Ernährungsfaktoren die Darmbarriere beeinflussen

Beim 30. VFED-Online-Kongress am 16. September 2022 unterstützte die Yakult Wissenschaftsabteilung den Verband für Ernährung und Diätetik e.V. mit einem Vortrag von Frau Dr. oec. troph. Maike Groeneveld zu einem aktuellen und spannenden Thema: „Die Darmbarriere – ein vulnerables System“. Nachdem wir uns bereits mit der Frage beschäftigt haben, ob es sich beim Leaky gut-Syndrom um ein valides Krankheitsbild oder einen Mythos handelt, geht es im heutigen Artikel um den Einfluss der Ernährung auf die Darmbarriere. Wir beschreiben den Einfluss der Mikrobiota auf die intestinale Permeabilität und zeigen die positiven Auswirkungen, die sowohl eine mediterrane Ernährung als auch Probiotika auf die intestinale Permeabilität und Organe haben können.

Einfluss der Mikrobiota auf die intestinale Permeabilität

Die Darmmikrobiota stellt ein gut funktionierendes Ökosystem dar, welches entscheidend dazu beiträgt, dass das Darmepithel in einem gesunden und stabilen Zustand bleibt. Voraussetzung dafür ist u. a. das optimale Zusammenspiel unterschiedlicher Bakterienstämme, deren Stoffwechselaktivitäten perfekt ineinandergreifen. Speziell die mukonutritive Mikrobiota, die ballaststoffabbauende Mikrobiota und die protektive Mikrobiota üben direkten Einfluss auf die Darmbarriere aus.

Die Mikrobiota – ein ökologischer Kreislauf  

Die mukonutritive Mikrobiota, auch schleimhauternährende Mikrobiota genannt, umfasst Bakterienstämme wie das Faecalibacterium prausnitzii. Diese Bakterien produzieren u. a. die kurzkettige Fettsäure Butyrat (Buttersäure). Butyrat gilt als Hauptnährstoff der Darmepithelzellen. Steht dem Darmepithel ausreichend Buttersäure zur Verfügung, wird das Zellwachstum gefördert, die Tight Junctions werden gut ausgebildet und die Mukosabildung wird unterstützt. Die schleim-liebenden Akkermansia-Bakterien unterstützen die Faecali-Bakterien dabei, indem sie den alten Schleim auf den Epithelzellen abbauen. Dadurch können die Darmepithelzellen zähen, neuen Schleim bilden, wodurch die Darmschleimhaut optimal geschützt bleibt. Weiterhin entsteht beim Abbau des Schleims Acetat, ebenfalls eine kurzkettige Fettsäure, sowie Oligosaccharide, die wiederum als Nährstoff für die Faecali-Bakterien dienen.

Die ballaststoffabbauende Mikrobiota hat u. a. die Aufgabe, die Faecali-Bakterien beim Abbau von Ballaststoffen zu kurzkettigen Fettsäuren und anderen Stoffwechselprodukten zu unterstützen. Laktobazillen und Bifidobakterien produzieren Milchsäure als Teil der protektiven Mikrobiota. Dadurch werden der pH-Wert im Darm gesenkt und schädliche proteolytische Bakterien verdrängt. Zudem können diese Bakterienstämme auch die Tight Junctions schützen. (1) Wird eine der genannten Bakteriengruppen gestört, kann dies das Ökosystem in unserem Darm aus seinem Gleichgewicht bringen und die Permeabilität des Darms negativ beeinflussen. Die Entstehung einer erhöhten Permeabilität kann eine mögliche Folge sein.

Effekte der mediterranen Ernährung auf die intestinale Barriere

Unsere Ernährung beeinflusst die Mikrobiota und hat damit Auswirkungen auf die intestinale Barriere. Frau Dr. Groeneveld zitierte in ihrem Vortrag verschiedene Studien, die die Wirkung unterschiedlicher Ernährungsfaktoren auf die Darmbarriere darlegten. In einer Untersuchung von L. Bolte et al. aus dem Jahr 2021 korrelierte eine höhere Zufuhr tierischer und stark verarbeiteter Lebensmittel, Alkohol und Zucker mit höheren Werten intestinaler Entzündungsparameter. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass der Austausch von tierischem Protein durch pflanzliches Eiweiß eine intestinale Inflammation vermindern kann. (2)

Kurzkettige Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat haben, wie bereits erwähnt, eine besondere Bedeutung für die Darmbarriere. Sie entstehen im Dickdarm, wenn Bakterien u. a. Ballaststoffe verstoffwechseln. Weiterhin dienen sie den Epithelzellen als wichtiger Nährstoff und stärken damit die Darmbarriere. Gleichzeitig können sie Entzündungsparameter im Darm und in anderen Körperregionen senken. (3) Darüber hinaus konnten Seethaler et al. 2022 zeigen, dass durch den Verzehr von Ballaststoffen, Hülsenfrüchten, Nüssen und Obst sowohl die Werte der Lipopolysaccharide-Bindungs-Proteine (LBP) im Plasma als auch von Zonulin im Stuhl sanken. Beide gelten als potente Biomarker für die Messung der intestinalen Permeabilität. Auch diese Effekte wurden durch die Bildung von Propionat und Butyrat vermittelt. (4) „Dies erlaubt den Rückschluss, dass eine mediterrane Ernährung, reich an Ballaststoffen, Pro- und Präbiotika sowie viel Gemüse, die intestinale Barriere nachhaltig stärken kann“, schloss Frau Dr. Groeneveld ihre Ausführungen.

Unterstützung der „protektiven Mikrobiota“ durch Probiotika

​In mehreren aktuellen Berichten werden die positiven Auswirkungen von Probiotika auf die Darmbarriere aufgezeigt. Herausheben wollen wir an dieser Stelle eine Publikation von La Fata et al. (2017), die einen Überblick über die Effekte von Probiotika auf die intestinale Barriere gibt und anhand von drei grundlegenden Mechanismen beschreibt. (5)

  • Probiotika können die Expression und Lokalisation von Tight Junctions Proteinen beeinflussen, indem sie die Expression dieser Proteine stimulieren und deren Phosphorylierung aufrechterhalten. Dies führt zu einer Stärkung der Epithelschicht. 
  • Probiotische Bakterienstämme können die Mukusbildung regulieren und damit die schützenden Eigenschaften der Schleimschicht aufrechterhalten.  Dadurch unterstützen sie das Immunsystem, erleichtern die Nahrungspassage und erschweren gleichzeitig das Anhaften von (pathogenen) Bakterien an der Epithelschicht sowie deren Eintritt in das Lumen.
  • Bestimmte probiotische Bakterienstämme verfügen über antimikrobielle Eigenschaften, da sie Peptide oder spezifische Moleküle absondern. Innerhalb des intestinalen Ökosystems können sie sich damit behaupten und den Wirt vor infektiösen Bakterien schützen bzw. das Überleben von kommensalen Bakterien unterstützen.

Die Forscher und Forscherinnen kommen zu dem Schluss, dass probiotische Mikroorganismen aufgrund der oben genannten Mechanismen die Darmbarriere stärken können. Dennoch besteht weiterer Forschungsbedarf, um den Zusammenhang zwischen der Physiologie des Darmepithels und der Darmmikrobiota weitreichend verstehen zu können. Da die meisten Ergebnisse auf Tierstudien beruhen, können diese nicht vollumfänglich auf den Menschen und die natürlichen Prozesse bzw. die Wechselwirkungen im Organismus übertragen werden können.

                              

Quellen

  1. Haller D & Hörmannsperger G (2015): Darmgesundheit und Mikrobiota. Springer Wiesbaden, doi: https://doi.org/10.1007/978-3-658-07648-1_1

  2. Bolte L et al. (2021): Long-term dietary patterns are associates with pro-inflammatory and anti-infammatory features of gut microbiome. BMJ Journals Gut; 70:1287–1298, doi: https://doi.org/10.1136/gutjnl-2020-322670

  3. Silva P et al. (2020): The role of short-chain fatty acids from gut microbiota in gut-brain communication. Frontiers in Endocrinology; 11:25, doi: https://doi.org/10.3389/fendo.2020.00025

  4. Seethaler B et al. (2022): Short-chain fatty acids are key mediators of the favorable effects of the Mediterranean diet on intestinal barrier integrity: data from the randomized controlled LIBRE trial. The American Journal of Clinical Nutrition; 116(4): 928–942, doi: https://doi.org/10.1093/ajcn/nqac175

  5. La Fata G et al. (2017): Probiotics and the Gut Immune System: Indirect Regulation. Probiotics & Antimicro. Prot.; 10:11–21, doi: https://doi.org/10.1007/s12602-017-9322-6