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Im Gespräch: Was ist die Darm-Hirn-Achse?

Kopf über Darm oder Darm über Kopf? Fest steht: Zwischen dem Darm und dem Gehirn besteht ein sehr intensiver Informationsaustausch. Doch welcher Part hat die Oberhand und kann das Verdauungssystem wirklich Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln nehmen?

Im Rahmen einer paneuropäischen Umfrage hat Yakult 1.000 Personen aus Deutschland zu ihrem Wissen rund um das Zusammenspiel und die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn befragt. Dabei stellte sich heraus, dass etwa der Hälfte der Befragten (51 Prozent) die wechselseitige Beziehung zwischen Darm und Gehirn zwar bewusst ist, aber nur 44 Prozent wissen, welche übergeordnete Bedeutung dem Darm dabei zukommt. Es besteht also Aufklärungsbedarf.

In einem Gespräch mit Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff, Leiter des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim, hat Yakult die Antworten auf fünf spannende Fragen zur Funktionsweise der Darm-Hirn-Achse und zum Einfluss der Darmmikrobiota bekommen.

Yakult: Herr Professor Bischoff, manche Menschen behaupten, sie träfen Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Gibt es dieses Bauchgefühl wirklich?

Es lässt sich kaum beweisen, aber es gibt dieses Bauchgefühl wahrscheinlich wirklich. Seit Jahrhunderten berichten Menschen aus den verschiedensten Kulturkreisen in Kunst und Literatur davon. Aber auch im Alltag ist dieses Bauchgefühl präsent. Und die kürzliche Entdeckung der „Darm-Hirn-Achse“ ist eine plausible Erklärung dafür.

Yakult: Was versteht man unter der Darm-Hirn-Achse und wie funktioniert sie?

Unter der Darm-Hirn-Achse versteht man eine Kommunikation zwischen Darm und Hirn, und zwar wechselseitig, d.h. von Hirn zu Darm und vor allem von Darm zu Hirn. Letzteres wird durch Bakterienprodukte des Darms (z. B. kurzkettige Fettsäuren), durch Darmhormone (z. B. GLP, GIP, PYY) und durch Nerven (z. B. Nervus vagus) vermittelt.

Yakult: Wirkt sich diese Interaktion zwischen Darm und Gehirn auf unsere Gesundheit und Psyche aus?

Höchstwahrscheinlich ja! Man vermutet, dass mentale Erkrankungen wie Autismus und Depression damit zu tun haben. Aber auch Stresssituationen könnten eine Rolle spielen. Im Tiermodell beeinträchtigen sie nachweislich die Darmbarriere, also den physischen Übergang zwischen Darminhalt und Blutkreislauf. Das bedeutet, sie können zum sogenannten „Leaky-Gut-Syndrom“ beitragen und so die Darmgesundheit gefährden.

Yakult: Welchen Einfluss hat die Mikrobiota, im Volksmund lange bekannt als Darmflora, auf die Darm-Hirn-Achse?

Die Darmmikrobiota, das ist die Summe aller nicht-infektiösen Darmbakterien, unterstützt uns nicht nur bei der Verdauung. Sie stärkt auch das mukosale Immunsystem und kommuniziert mit den Nervenzellen des Darmnervensystems (ENS) und des Gehirns (ZNS). Letzteres tut sie u.a. durch sekundäre Bakterien-Metabolite, wie beispielsweise die bereits erwähnten kurzkettigen Fettsäuren.

Yakult: Gibt es so etwas wie einen Idealzustand der Mikrobiota und wie kann man diesen erreichen?

Den gibt es vermutlich, aber er ist nicht für alle Menschen gleich. Ebenso wie die „gesunde Ernährung“, die weder beliebig noch für alle gleich ist. Die Darmmikrobiota ist im Übrigen sehr stark von der Ernährung und anderen Lebensstilfaktoren abhängig. Eine „gesunde Ernährung“ bewirkt eine Art von „gesunder Mikrobiota“ und intakten Darmfunktionen, d.h. keine Entzündung, kein Leaky-Gut usw., kurzum „Darmgesundheit“. Neben gesunder Ernährung spielt für die Darmgesundheit auch regelmäßige Bewegung, die die Darmdurchblutung und die Peristaltik fördert, eine wichtige Rolle. Ein Übermaß an Sport kann sich allerdings negativ auf die Darmgesundheit auswirken.

Über Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff

Stephan C. Bischoff ist seit 2004 Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin der Universität Hohenheim in Stuttgart. Er ist ausgebildeter Mediziner mit den Schwerpunkten Innere Medizin, Gastroenterologie, Allergie/Klinische Immunologie und Klinische Ernährung. Seine Forschungsinteressen sind Adipositas und verwandte Krankheiten, krankheitsbedingte Mangelernährung, Nebenwirkungen von Nahrungsmitteln und die Magen-Darm-Barriere einschließlich der Schleimhautimmunologie und des Mikrobioms.