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Frauen haben anders Darm – Mikrobiom, Hormone und Ernährung bei Reizdarm, Endometriose & PCOS

Prof. Dr. med. Julia Seiderer-Nack ist Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin, Autorin und Expertin für ganzheitliche Darmgesundheit. In ihrem Online-Vortrag am 25. Juni 2025 „Frauen haben anders Darm – Die Rolle des Mikrobioms und der Ernährung bei Reizdarm, Endometriose und PCOS“ gab sie spannende Einblicke in die weibliche Darmgesundheit. Warum haben so viele Frauen Darmprobleme und welchen Einfluss spielen dabei die Hormone, das Mikrobiom und die Ernährung? In diesem Beitrag erfahren Sie mehr zu diesen Fragen.

Gender Health Gap: Warum weibliche Körper oft zu kurz kommen

Wussten Sie, dass über 80 % der biomedizinischen Grundlagenforschung noch immer an männlichen Zellen oder Tieren durchgeführt wird? Ebenso sind Frauen in klinischen Studien nach wie vor stark unterrepräsentiert. Medizinische Empfehlungen werden daher oft für den „Standard-Mann“ mit einer Körpergröße von 180 cm und 75 kg ausgesprochen. Diese sogenannte „Gender Health Gap“ hat weitreichende Folgen: Viele frauenspezifische Erkrankungen wie Endometriose, Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS), Wechseljahresbeschwerden oder Reizdarm sind medizinisch nicht gut erforscht.

Weibliche Anatomie und Physiologie

In der Praxis zeigt sich deutlich, Frauen haben anders Darm: Im Vergleich zu Männern haben Frauen z. B. einen 10-20 cm längeren Darm. Ebenso liegen Uterus, Eierstöcke und Darm direkt nebeneinander im Beckenraum. Die anatomische Anordnung der Organe ist bei Frauen eine andere als bei Männern. Frauen produzieren außerdem weniger Magensäure, haben eine verzögerte Gallenblasenentleerung und eine langsamere Darmmotilität. Dies kann dazu führen, dass sie häufiger unter Verstopfung, Entleerungsstörungen oder SIBO (= Small Intestinal Bacterial Overgrowth) leiden.

Auch das weibliche Immunsystem funktioniert anders: Es reagiert oft stärker auf Reize, was vor Infekten schützen kann, aber ein erhöhtes Risiko für ein postinfektiöses Reizdarmsyndrom und Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie, Hashimoto und Histaminintoleranzen zur Folge haben kann. So sind etwa 70 % der Reizdarm-Patientinnen, 80 % der Hashimoto-Betroffenen und zwei Drittel der Zöliakie-Erkrankten weiblich.

Die Sexualhormone Östrogen und Progesteron, aber auch Botenstoffe wie Histamin und Prostaglandine, beeinflussen zusätzlich die Darm-Hirn-Achse, die Schmerzverarbeitung sowie die Schleimhautpermeabilität.

Mikrobiom und Frauengesundheit

Frauen entwickeln unter hormonellem Einfluss ein ganz eigenes Mikrobiom: das sogenannte „Microgenderom“. Bestimmte Bakteriengruppen wie das Östrobolom  (Gesamtheit der Gene von Darmbakterien, die an der Verstoffwechselung von Östrogenen beteiligt sind) tragen sogar zur Regulierung des Östrogenspiegels bei. Veränderungen im Mikrobiom treten besonders in hormonellen Umstellungsphasen auf: Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre. Ein unausgeglichenes Mikrobiom kann zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmbarriere führen, was Entzündungen fördern sowie Immunreaktionen und Schmerzempfinden verstärken kann. Besonders relevant ist dies bei Endometriose und PCOS , da hier die Darmgesundheit eng mit der Krankheitsausprägung zusammenhängt.

Prä- und Probiotika als therapeutischer Ansatz bei Reizdarm

Präbiotika und Probiotika können helfen, das Darmmikrobiom gezielt zu unterstützen und so Symptome wie Blähungen, Schmerzen oder Verstopfung lindern. Prof. Dr. med. Seiderer-Nack empfiehlt in ihrem Vortrag je nach Reizdarmtyp unterschiedliche Strategien:

Reizdarm mit Verstopfung:

  • Ballaststoffe (30 g pro Tag), davon mind. 5 g präbiotisch
  • Ausreichend trinken
  • Magnesium, Bewegung, ggf. Hormontherapie in den Wechseljahren
  • Probiotika zur Förderung der Darmmotilität

Reizdarm mit Durchfall:

  • Abklärung: CED (Chronisch-entzündliche Darmerkrankung), Zöliakie, mikroskopische Kolitis, Gallensäureverlust
  • Unterstützung der Darmbarriere: Glutamin, Zink, Biotin
  • Milchsäurebildende Probiotika

Reizdarm mit Blähungen:

  • Ausschluss: SIBO, Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Ernährung anpassen, ggf. FODMAP (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole) -arme Kost (mind. 6 Wochen)
  • Darmfreundliche Ernährung in kleinen Schritten etablieren

Ob Reizdarm, Endometriose oder PCOS – die Darmgesundheit spielt für viele frauenspezifische Beschwerden eine zentrale Rolle. Die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede in Diagnostik, Ernährung und Therapie sollte eine Notwendigkeit sein. Denn nur wer versteht, wie Hormone, Mikrobiom und Immunreaktionen zusammenwirken, kann Frauen gezielt und individuell beraten und behandeln.

Literaturempfehlung: „Frauen haben anders Darm - Die besten Strategien für Mikrobiom und Hormonbalance bei Reizdarm, PCOS und Endometriose“

Rumoren, Ziehen, Grummeln – kaum eine Frau, die solche Beschwerden nicht kennt. Geht es um das Thema Darmprobleme, sind Frauen spitze: Sie leiden doppelt so häufig wie Männer, massive Einschränkungen im Alltag und Schmerzen sind die Folge. Erfolgsautorin und Darm-Expertin Prof. Dr. Julia Seiderer-Nack verrät in dem allerersten Darm-Guide speziell für Frauen, wie aus dem miesen ein wohliges Bauchgefühl wird. Ob Endometriose, Reizdarm, Verstopfung, Histaminintoleranz oder PCOS: Unverkrampft und praxistauglich zeigt sie, wie sich durch die richtige Ernährung, zyklusabgestimmte Lebensmittel, Stärkung von Darmbarriere und Mikrobiom sowie ganzheitliche Natur-Hacks die Beschwerden endlich gezielt lindern lassen. Mit circa 40 Rezepten.

Autorin: Prof. Dr. med. Julia Seiderer-Nack
ISBN: 978-3-8338-9675-0
Preis: 22,99 €

Quelle:

Prof. Dr. med. Julia Seiderer-Nack 2025: Die Rolle des Mikrobioms und der Ernährung bei Reizdarm, Endometriose und PCOS