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Das Darmmikrobiom und sein Einfluss auf unsere Gesundheit

Der Darm und sein Mikrobiom haben eine immense Bedeutung für die menschliche Gesundheit – das wird aufgrund aktueller Forschung immer deutlicher! In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über den aktuellen Stand in der Wissenschaft und dem Zusammmenhang zwischen Darmmikrobiom und chronischen Erkrankungen.

Durch die Ernährung Einfluss nehmen

Mittlerweile wird die Bakteriengemeinschaft im Darm als eigenständiges Organ mit hoher metabolischer Aktivität angesehen. Sie produziert zahlreiche Stoffwechselprodukte, die ebenso den Darm selbst wie den gesamten Organismus und den Stoffwechsel beeinflussen. Dies wirkt sich wiederum auf die Gesundheit und auf Krankheitsverläufe aus. Die Art der Ernährung kann in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spielen, da sie sowohl Einfluss auf die Zusammensetzung als auch auf die Funktion des Darmmikrobioms nehmen kann. Erfahren Sie mehr über die Verbindung zwischen Darmmikrobiom, Ernährung und chronischen Krankheiten.

In diesem Blogbeitrag stellen wir Ihnen die Kernaussagen einer interessanten Übersichtsarbeit mit dem Titel „Die Rolle des Darmmikrobioms bei chronischen Krankheiten: eine narrative Übersichtsarbeit“ vor, die genau diese Zusammenhänge näher betrachtet. (1)

Im Rahmen einer Übersichtsarbeit haben die Autorinnen Amrita Vijay und Ana M. Valdes über 170 Tier- und Humanstudien im Zeitraum von 2002 – 2021 gesichtet und deren Inhalte zusammengetragen. Unterschiede in der Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms werden mit einer breiten Palette von chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht (Abb.1). Dazu zählen diverse Magen-Darm-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen bis hin zu neurologischen, kardiovaskulären sowie Atemwegserkrankungen. Weiter werden auch die Zusammenhänge mit der Ernährung und Bestandteilen der Ernährung diskutiert sowie der Einfluss von Ernährung als therapeutischer Ansatz beleuchtet.

Abbildung: Darmmikrobiom und chronische Erkrankungen (eigene Darstellung, Copyright Yakult Deutschland GmbH)

Auf Grundlage der Sichtung und Auswertung der Ergebnisse der zahlreichen Quellen in der Übersichtsarbeit stellten die Autorinnen folgende Kernaussagen auf:

„[…] Eine geringe Vielfalt des Mikrobioms scheint ein gemeinsamer Faktor bei vielen [chronischen] Krankheiten zu sein. […] Bei einigen Krankheiten kommt es häufig zu hohen Abundanzen pathogener Bakterien […].“

Die Autorinnen beschreiben, dass sich das Darmmikrobiom zwischen gesunden Personen und Personen mit chronischen Krankheiten in seiner Zusammensetzung und Vielfalt des Mikrobioms unterscheidet. Einige Quellen legen einen Zusammenhang mit der Immunpathogenese durch ein verändertes Mikrobiom nahe. Es wird beispielsweise berichtet, dass Patienten und Patientinnen mit Rheumatoider Arthritis (RA) im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine geringere Diversität des Darmmikrobioms aufweisen, die mit den Autoantikörperspiegeln und der Krankheitsdauer korreliert.

„[M]ikrobielle Stoffwechselprodukte wie SCFAs sind an den gesundheitlichen Auswirkungen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms beteiligt [und] können bessere Prädiktoren für gesundheitliche Outcomes sein als die Mikrobiomdiversität.“

Aus der Übersichtsarbeit geht hervor, dass nicht nur der Mikrobiomdiversität, sondern auch mikrobiellen Stoffwechselprodukten Beachtung geschenkt werden sollte. Diese seien oft bessere Vorhersagevariablen für gesundheitliche Entwicklungen. Unter den Stoffwechselprodukten scheinen SCFAs (short chain fatty acids) von größter Bedeutung zu sein. Butyrat-produzierende Bakterien werden mit einem geringeren Risiko für entzündliche Autoimmun- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für das Reizdarmsyndrom in Verbindung gebracht. Beispielsweise konnten bei Betroffenen von Typ 2 Diabetes mellitus verminderte Abundanzen von Butyrat-produzierenden Bakterien und SCFAs erkannt werden. Insbesondere Butyrat wurde in diesem Zusammengang mit der Insulinsensitivität in Verbindung gebracht.

„Autoimmunerkrankungen [sowie] kardiometabolische Erkrankungen und das Reizdarmsyndrom [weisen] geringe Mengen an SCFA-produzierenden Bakterien wie Bifidobacterium sp, Faecalibacterium sp, Roseburia sp oder Coprococcus eutactus auf.“

Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms bei chronischen Erkrankungen kann durch ein Fehlen günstiger Bakterienstämme und/oder einen Überfluss von ungünstigen Bakterien gekennzeichnet sein. Autoimmunerkrankungen, kardiometabolische Erkrankungen und das Reizdarmsyndrom weisen beispielsweise geringe Mengen an SCFA-produzierenden Bakterien wie Bifidobacterium sp, Faecalibacterium sp, Roseburia sp oder Coprococcus eutactus auf. Bei einigen dieser Krankheiten, wie dem atopischen Ekzem, kommt es häufig zu hohem Vorkommen pathogener Bakterien wie E. coli, S. aureus und C. difficile, während der Anteil von Bifidobakterien, Bacteroidetes und Bacteroides verringert ist.

“Diätetische Eingriffe können zu Veränderungen in der Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms und zu den entsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen führen.”

Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms kann durch verschiedene therapeutische Strategien modifiziert werden. Dabei haben Ernährungsinterventionen das Potenzial, zu starken Veränderungen in der Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms und damit zu den entsprechenden gesundheitlichen Auswirkungen zu führen. Verschiedene Studien zeigen auf, dass die Zufuhr von Ballaststoffen und ungesättigten Fetten zu einer höheren relativen Abundanz von Butyrat-produzierenden Bakterien führt. Butyrat-produzierende Bakterien und die produzierten SCFAs führen wiederum zu verbesserten Gesundheitsergebnissen. Dies gilt sowohl für eine separate Supplementierung als auch eine natürliche Einbindung von Ballaststoffen und ungesättigten Fetten wie beispielsweise durch die Mittelmeer-Diät. Weiter wurde beobachtet, dass die Gabe verschiedener Ballaststoffe zu unterschiedlichen bakteriellen Veränderungen des Mikrobioms und unterschiedlichen SCFAs führt.

Ein Blick in die Zukunft

Zusammenfassend kann aus der Übersichtsarbeit geschlossen werden, dass insbesondere bakterielle Stoffwechselprodukte eine Schlüsselrolle bei den Auswirkungen des Darmmikrobioms auf die menschliche Gesundheit zu spielen scheinen, wobei besonders kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) und Butyrat-produzierende Bakterien mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Weiter erscheint eine Ernährungsumstellung als die offensichtlichste, nichtinvasive und unmittelbarste Methode, die Zusammensetzung und Funktion des Darmmikrobioms positiv zu beeinflussen.

Sowohl die Zusammensetzung als auch die Funktion des Mikrobioms scheinen gleichermaßen auf spezifische Ernährungsinterventionen zu reagieren. Ballaststoffe und ungesättigte Fette führen zu einer höheren relativen Abundanz von Butyrat-produzierenden Bakterien und die produzierten SCFAs wiederum zu verbesserten Gesundheitsergebnissen. Daraus ergibt sich, dass es in den kommenden Jahren durch weitere Forschung in diesem Gebiet möglich sein könnte, spezielle diätetische Interventionen zu entwerfen, die auf die Erhöhung bestimmter bakterieller Metaboliten abzielen und sich dadurch positiv auf kardiometabolische und inflammatorische Faktoren auswirken.

                              

Quellen

  1. Vijay A., Valdes A. M. (2021): Role of the gut microbiome in chronic diseases: a narrative review. Eur J Clin Nutr. 1-13, 2021. DOI: 10.1038/s41430–021–00991–6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8477631/ Die Rolle des Darmmikrobioms bei chronischen Krankheiten: Eine narrative Übersichtsarbeit | Kompass Autoimmun | Karger Publishers