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Der Darm und die Östrogene

Das Thema Darmmikrobiom ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus wissenschaftlicher Forschung geraten, und immer mehr Studien zeigen die enge Verbindung zwischen dem Mikrobiom und verschiedenen Aspekten der Gesundheit. Besonders spannend ist der Einfluss auf die Frauengesundheit – insbesondere in den Wechseljahren.

Das Darmmikrobiom: Ein faszinierendes Ökosystem

Das menschliche Mikrobiom besteht aus Billionen von Mikroorganismen, die in und auf unserem Körper leben. Besonders im Darm spielt das Mikrobiom eine bedeutende Rolle, denn hier ist es nicht nur für die Verdauung verantwortlich, sondern beeinflusst auch das Immunsystem, den Stoffwechsel und den Hormonhaushalt.

Faktencheck Darmmikrobiom

Aufgaben Darmbakterien

  1. Stoffwechselfunktion
  2. Fermentation unverdaulicher Kohlenhydrate
  3. Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (z.B. Butyrat)
  4. bakterielle Vitaminproduktion (z.B. B-Vitamine)
  1. Schutzfunktion
  2. Stärkung der Darmbarriere
  3. Konkurrenz mit Pathogenen
  4. Produktion gegen Pathogene gerichteter antimikrobieller Substanzen
  5. Immunfunktion
  6. Stimulation der angeborenen Immunität
  7. Modulation von Entzündungen
  8. Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen

Östrogene und das Darmmikrobiom:
Ein komplexes Zusammenspiel

Eine besonders interessante Wechselwirkung besteht zwischen dem Hormon Östrogen und dem Darmmikrobiom. Östrogene sind nicht nur für den Menstruationszyklus verantwortlich, sondern spielen eine wichtige Rolle bei unterschiedlichsten Prozessen im Körper, wie bei der Knochengesundheit und der Regulation des Körpergewichts. Das sogenannte „Östrobolom“, die Gesamtheit der Gene von Darmbakterien, die an der Verstoffwechselung von Östrogenen beteiligt sind, beeinflusst, wie viel freies Östrogen im Körper zirkuliert. (1,2)

Diese Verbindung zeigt sich besonders deutlich in den Wechseljahren. Mit dem Rückgang der Östrogenproduktion verändert sich auch die Zusammensetzung des Darmmikrobioms. Studien (3,4,5) haben gezeigt, dass die Diversität der Darmbakterien in den Wechseljahren abnimmt und sich das Mikrobiom zunehmend dem von Männern angleicht. Weiterhin kommt es zu einem veränderten Firmicutes/Bacteroidetes-Verhältnis nach der Menopause. Diese Veränderungen können großen Einfluss auf die Gesundheit haben.

Probiotika – eine sinnvolle Unterstützung

Probiotika, also lebende Mikroorganismen, die bei ausreichender Zufuhr einen gesundheitlichen Nutzen bringen, könnten eine Möglichkeit sein, das Darmmikrobiom in den Wechseljahren zu unterstützen. Studien (9) deuten darauf hin, dass Probiotika einen positiven Effekt auf die Darmbarriere, die Immunantwort und Entzündungsprozesse haben können. Darüber hinaus kann die Kalziumaufnahme und Vitamin-D-Bildung im Darm verbessert werden. Erste Studien (10) deuten auf eine erhöhte Knochenmineraldichte infolge der Supplementierung mit Probiotika hin.

 

Osteoporose und das Darmmikrobiom: Eine unterschätzte Verbindung

Ein weiterer wesentlicher Faktor für die Gesundheit von Frauen in den Wechseljahren ist die Erhaltung der Knochengesundheit. Durch das Ungleichgewicht im Darmmikrobiom und den Östrogenmangel kommt es zu einer gestörten Darmbarriere und daraus resultierenden Entzündungsprozessen. Dies führt wiederum dazu, dass die Aktivität von Osteoklasten erhöht und die von Osteoblasten vermindert ist. Hierdurch kommt es zu einem vermehrten Knochenabbau. (6) Ein gesundes Ernährungsverhalten mit abwechslungsreicher Kost, hohem Ballaststoffgehalt, wenig Zucker und Fett kann die Biodiversität im Darm steigern und somit einen möglichen Einfluss auf die Knochengesundheit haben. (7) Darüber hinaus sind eine erhöhte Kalziumzufuhr, ausreichende Vitamin-D-Versorgung und moderate Bewegung unerlässlich zur Vorbeugung von Osteoporose. (8)

Fazit: Darmgesundheit als Schlüssel zur Frauengesundheit

Die Forschung zum Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und Frauengesundheit steht noch am Anfang, aber die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Für Ernährungsfachkräfte bedeutet dies, dass das Thema Darmgesundheit eine noch wichtigere Rolle in der Beratung von Frauen spielen sollte – insbesondere in den Wechseljahren. Eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung sowie der Einsatz von Probiotika kann das Mikrobiom unterstützen und helfen, den Östrogenspiegel zu regulieren, Entzündungen zu reduzieren und die Knochengesundheit zu fördern.

Im Rahmen des digitalen VFED-Kongresses im September 2024 präsentierte Susanne Fuhrländer, Wissenschaftsabteilung Yakult, die Zusammenhänge zwischen Darm und Östrogenen und wie das Darmmikrobiom den weiblichen Körper beeinflusst. Dieser Beitrag fasst die Inhalte zusammen und beleuchtet vor allem die Rolle des Darmmikrobioms in der Regulierung des Hormonhaushalts und der Knochengesundheit und erklärt, wie Ernährungsfachkräfte dieses Wissen in ihre Beratung integrieren können.

Quellen:

(1) Plottel, CS, Blaser MJ. Microbiome and Malignancy. Cell Host Microbe 2011

(2) Hu S et al. Gut microbial beta-glucuronidase: a vital regulator in female estrogen metabolism. Gut Microbes 2023

(3) Peters, BA et al. Spotlight on the Gut Microbiome in Menopause: Current Insights. Int J Womens Health 2022

(4) Mayneris-Perxachs J  et al. Gut microbiota steroid sexual dimorphism and its impact on gonadal steroids: Influences of obesity and menopausal status. Microbiome 2020

(5) Santos-Marcos JA et al. Influence of gender and menopausal status on gut microbiota. Maturitas 2018

(6) Ahire et al. Understanding Osteoporosis: Human Bone Density, Genetic Mechanisms, Gut Micorbiota, and Future Prospects. Probiotics and Antimicrobial Proteine. 2023

(7) Zhang et al. Diets intervene osteoporosis via gut-bone axis. Gut Microbes 2024

(8) Essen und Trinken bei Osteoporose, Broschüre DGE 2020

(9) Barrea et al. Probiotics and Prebiotics: Any Role in Menopause‑Related Diseases? Current Nutrition Reports 2023

(10) Yu, J. et al. Probiotic supplements and bone health in postmenopausal women: a meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ Open 2020