Einfluss des Darms auf die Gesundheit
Einfluss des Darms auf die Gesundheit
Die Gesundheit des Darms ist essenziell für das Überleben. Schließlich nimmt der Darm Nahrung und Flüssigkeit auf, ist Teil unserer Immunabwehr und hat über die Darm-Hirn-Achse sogar Einfluss auf unsere Hirnfunktionen. Bereits 2011 beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe rund um Prof. Dr. med. Stefan C. Bischoff mit dem Thema Darmgesundheit, wie diese definiert und gemessen werden kann. Heute gibt es schon zahlreiche Erkenntnisse, die wir Ihnen hier in einem kleinen Ausschnitt präsentieren möchten.
Darmbarriere als Maß für die Darmgesundheit?
Die Darmbarriere ist eine funktionelle Einheit, die das Darmlumen vom Inneren des Wirts trennt, und ist damit die größte Schnittstelle im Kontakt mit der Außenwelt. Über das Darmlumen werden zum einen die Nährstoffe aus der Nahrung aufgenommen, aber auch unerwünschte Bakterien abgewehrt. Die Funktionstüchtigkeit der Darmbarriere könnte also eine Maßeinheit für die Darmgesundheit sein. Kommt es zu einer Störung in der Darmpermeabilität, einem sogenannten „leaky gut“, kann dies zu großen Problemen führen. Doch wie misst man die Darmpermeabilität?
Vulnerabilität der Darmgesundheit
Neben der Darmpermeabilität spielt auch der Zustand der dort ansässigen Mikrobiota eine entscheidende Rolle, wenn es um Darmgesundheit geht. Durch den Lebensstil, den die Industrialisierung mit sich bringt, wie stark verarbeitete Lebensmittel, moderne Medikamente und Hygiene, verändert sich die Darmmikrobiota. Sonnenburg et al. (2019) stellten sich daher in ihrer Arbeit die Frage, welchen Einfluss die Industrialisierung auf die Mikrobiota hat, ob dieser reversibel ist, und welche Schritte unternommen werden sollten, um weitere Veränderungen zu verhindern. Denn klar ist: Die Mikrobiota steht in Zusammenhang mit unserem Inmmunstatus. Gerät sie aus dem Gleichgewicht, kann dies zu chronisch entzündlichen Krankheiten führen.
Die Forschenden empfehlen daher, die mikrobielle Biodiversität weiter zu beobachten, da sie der Schlüssel zu einer gesunden Weltbevölkerung sein kann. Zudem sei es sinnvoll, Bakterienstämme, die durch die Industrialisierung gefährdet sind, zu isolieren und zu archivieren. Diese könne man nutzen, um detaillierte Studien zu ermöglichen, die zum einen analysieren, was diese Stämme so einzigartig für die Gesundheit des Menschen macht, und wie man sie zum anderen für das Ökosystem erhalten kann. (3)
Darm-Hirn-Achse und ihre Bedeutung für die Gesundheit
Die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn über die Darm-Hirn-Achse beschäftigt viele Forscher. Bekannt ist bereits, dass psychologische und physikalische Stressoren das Mikrobiom beeinflussen und andersherum Veränderungen im Mikrobiom sich auf emotionales Verhalten auswirken. Die Kommunikation vom Gehirn an den Darm wird über kurzkettige Fettsäuren, Darmhormone und Botenstoffe sowie über den Vagusnerv geleitet. Dieser ist der zehnte und längste der zwölf Hirnnerven und hat seinen Ursprung im Stammhirn, also in einer Region des Gehirns, die die überwiegende Mehrheit der automatisch ablaufenden Funktionen des Körpers wahrnimmt, verarbeitet und steuert.
Impulsgeber für die Kommunikation vom Darm zum Gehirn ist das enterische Nervensystem. Dies ist ein komplexes Geflecht aus Nervenzellen, das nahezu den gesamten Gastrointestinaltrakt durchzieht und ein zweites, eigenständiges Nervenzentrum bildet. Kommt es zu einer Veränderung der Mikrobiota oder zu einem „leaky gut“, wird dieses an das Gehirn gemeldet und kann sich so auf das Verhalten auswirken.
Es gibt aber auch weitere Implikationen für zerebrale Erkrankungen wie Autismus, Angstzustände, Depressionen und chronische Schmerzen, die mit der Darmgesundheit und der Darm-Hirn-Achse in Verbindung stehen. (4, 5)
Die Informationen wurden auf Grundlage der VDOE Online-Fortbildung vom 10. November 2021 mit dem Titel „Die Bedeutung der Darm-Hirn/Darm-Leber-Achse für die Gesundheit und Krankheit“ mit Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff erstellt.
- Bischoff, S.C. (2011): ‚Gut health‘: a new objective in medicine?. BMC Med 9, 24. https://doi.org/10.1186/1741-7015-9-24
- Seethaler et al. (2021): Biomarkers for assessment of intestinal permeability in clinical practice. American Journal of Physiology-Gastrointestinal and Liver Physiology. Vol. 321, No. 1, G11 – G17. https://doi.org/10.1152/ajpgi.00113.2021
- Sonnenburg, Justin L. et al. (2019): Vulnerability of the industrialized microbiota. Science, Vol 366, Issue 6464. https://doi.org/10.1126/science.aaw9255
- Mayer E.A. et al. (2014): Gut Microbes and the Brain: Paradigm Shift in Neuroscience. Journal of Neuroscience 34 (46) 15490-15496. https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.3299-14.2014
- Rea K., Dinan T.G., Cryan J.F. (2020): Gut Microbiota: A Perspective for Psychiatrists, Neuropsychobiology 79:50–62. https://doi.org/10.1159/000504495