
Darmversteher: Gutes für den Darm
Unsere Ernährung hat Einfluss auf die Darmgesundheit. Ein Fakt, der unter Fachleuten als anerkannt gilt und wissenschaftlich belegt ist. Gutes für den Darm tun vor allem Ballaststoffe, aber auch andere Helfer wie resistente Stärke, Präbiotika, Polyphenole, Milchsäurebakterien und Probiotika. Wir beleuchten diese Darmversteher und zeigen, wie und warum sie sich positiv auf den Darm auswirken.
Ballaststoffe
…sind Kohlenhydrat-Polymere mit drei oder mehr Monomer-Einheiten, die im Dünndarm nicht verdaut werden können. Sie kommen in pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten vor und werden in wasserunlösliche Ballaststoffe (z. B. Cellulose) und wasserlösliche Ballaststoffe (z. B. Pektin) unterschieden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, mindestens 30 g Ballaststoffe am Tag zu sich zu nehmen. Internationale Empfehlungen bewegen sich zwischen 20 und 25 g am Tag.(1,2)
Eine aktuelle Übersichtsarbeit von Gill et al.(3) untersucht die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Ballaststoffen wie Löslichkeit, Viskosität und Gärfähigkeit und wie sich diese auf die Magen-Darm-Gesundheit auswirken.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Ballaststoffe chronische Obstipation reduzieren können, indem sie die Stuhlfrequenz erhöhen und die Stuhlkonsistenz normalisieren. Die Art der aufgenommenen Ballaststoffe kann jedoch die Reaktion beeinflussen. Nicht viskose, hoch fermentierbare Ballaststoffe, wie beispielsweise Inulin, werden im Kolon von Bakterien abgebaut und verlieren ihre Wasserhaltefähigkeit. Im Gegensatz dazu besitzen viskose und schlecht fermentierte Fasern wie Flohsamen ein hohes Wasserhalte- und Gelbildungsvermögen im gesamten Gastrointestinaltrakt, was zur Linderung von Obstipationssymptomen beiträgt.
In der Vergangenheit wurde Patienten und Patientinnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) empfohlen, während eines Rezidivs ballaststoffreiche Nahrungsmittel zu reduzieren. Die Arbeitsgruppe um Samantha K. Gill stellt in ihrer aktuellen Veröffentlichung in-vitro-Studien vor, die darauf hindeuten, dass Ballaststoffe bei CED durch die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) und ihrer Rolle bei der Regulierung von Darmentzündungen von Vorteil sein könnten und so Gutes für den Darm tun. Daten aus Humanstudien sind begrenzt, oft widersprüchlich und variieren je nach Erkrankungszustand. So können Patienten und Patientinnen mit Colitis ulcerosa aufgrund der Produktion von SCFAs an dem Krankheitsherd besser auf Ballaststoffe ansprechen als diejenigen mit Morbus Crohn. Nichtsdestotrotz sollten alle Patienten und Patientinnen mit CED zu einer abwechslungsreichen Ernährung mit ballaststoffreichen Lebensmitteln ermutigt und auf ihre Verträglichkeit überwacht werden.(3,4)
Gutes für den Darm bei Reizdarm
Die Richtlinien zu Ballaststoffen bei der Behandlung von Reizdarmsyndrom variieren. Im Vereinigten Königreich empfiehlt das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) die Aufnahme ballaststoffreicher Lebensmittel zu begrenzen, die Aufnahme von resistenter Stärke zu reduzieren und den Verzehr von unlöslichen Ballaststoffen zu vermeiden.(5) Die World Gastroenterology Organization (WGO) hingegen empfiehlt eine ballaststoffreiche Ernährung mit Einschränkung der unlöslichen Ballaststoffe, da diese die Symptome verschlimmern können.(6)
Untersuchungen haben gezeigt, dass Ballaststoffe, insbesondere lösliche Ballaststoffe, die Symptome des Reizdarmsyndroms reduzieren und die Stuhlfrequenz und -konsistenz verbessern können.(7)
Resistente Stärke
… gehört zu den Ballaststoffen und entsteht durch das Abkühlen gekochter stärkehaltiger Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis und Nudeln. Durch das Abkühlen verändert sich die chemische Struktur und macht die entstandene resistente Stärke nahezu unverdaulich. Und damit tut sie Gutes für den Darm. Wie die Ballaststoffe gelangt auch resistente Stärke unbeschadet ins Kolon.

Dort trifft sie auf Darmbakterien, die sie abbauen können und es entsteht die kurzkettige Fettsäure Butyrat (Buttersäure), die wiederum eine Vielzahl an positiven Eigenschaften hat, insbesondere in Bezug auf Stoffwechselgesundheit, Sättigung und Gewicht. Darüber hinaus wird Butyrat mit entzündungshemmenden und antikarzinogenen Wirkungen in Verbindung gebracht, dient als Energielieferant für die Darmmukosa und unterstützt deren Barriere-Funktion. Die Dickdarmmukosa hilft zudem bei der Abwehr von Krankheitserregern.(8)
Präbiotika
… sind unverdauliche Bestandteile in Lebensmitteln (z. B. Ballaststoffe), denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Präbiotika beeinflussen die Zusammensetzung und Funktionalität der Darmmikrobiota, da sie als deren Substrate dienen. Untersuchungen legen nahe, dass Präbiotika eine Reihe von Vorteilen für die Gesundheit haben können, darunter psychische Gesundheit, Darmentzündungen und Adipositas.(9)
Polyphenole
… sind Bestandteile von Pflanzen und zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen. Die Untergruppe der Flavonoide kommt in vielen Lebensmitteln vor. Sie sind der natürliche Farbstoff, der Gemüse, Obst, Kräutern, Gewürzen, Nüssen, Samen und einigen Getränken wie Kaffee, Tee, Kakao und Wein die Farbe gibt. Den Flavonoiden werden aufgrund ihrer antioxidativen, antikanzerogenen und antimikrobiellen Eigenschaften präventive Wirkungen auf den gesamten Organismus zugeschrieben.(10)
Milchsäurebakterien
… bilden eine Ordnung von grampositiven, fakultativ anaeroben, aber meist aerotoleranten Bakterien, wie Laktobazillen, die Kohlenhydrate zu Milchsäure abbauen. Sie zählen zu den Bakterien in der Darmmikrobiota, die positive Eigenschaften haben und daher möglichst gefördert werden sollten. Man kann Milchsäurebakterien aber auch direkt über die Nahrung aufnehmen. Sie stecken vor allem in milchgesäuerten Produkten wie Joghurt oder Kefir. Da sie aber nicht alle die Passage durch den Magen überstehen, reicht ihre Menge alleine nicht aus.(10)
Probiotika
… sind laut Definition „lebende Mikroorganismen, die einen positiven Effekt auf die Gesundheit ausüben, wenn sie in ausreichender Menge aufgenommen werden“.
In probiotischen Lebensmitteln kommen vor allem Laktobazillen und Bifidobakterien vor. Der Begriff „probiotisch“ darf laut Definition nur verwendet werden, wenn der gesundheitliche Nutzen nachgewiesen ist.
Die hauptsächlichen Wirkungen probiotischer Bakterien sind die Verbesserung des Darmmilieus (Absenkung des pH-Werts), die kompetitive Hemmung pathogener Mikroorganismen, die Stärkung der Darmbarriere und die Verbesserung des Immunsystems. Obwohl es international viele Belege für die Wirksamkeit von Probiotika gibt, sind in der EU zurzeit keine Health-Claims für Probiotika zugelassen. Der Begriff „probiotisch“ darf ebenfalls nicht verwendet werden.(11)

Gutes für den Darm: Praktische Tipps für Ihre Patient*innen(10)
- Protektive Bakterien stecken in fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt, Probiotika, Ayran oder Kefir.
- Für reichlich Ballaststoffe sorgen Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte in jeder Mahlzeit.
- Buntes Gemüse oder Kräuter sind ein Zeichen für bifidogene Polyphenole.
- Nicht nur das Was ist entscheidend, sondern auch das Wie. Wer in Ruhe und achtsam isst, tut seinem Darm auch etwas Gutes.
- https://www.in-form.de/wissen/ballaststoffe-bitte-mehr-davon/
- https://www.dge.de/presse/pm/mehr-ballaststoffe-bitte/?L=0&cHash=de74871cb8220ba3050ddd99040f0831
- Gill et al. (2020): Dietary fibre in gastrointestinal health and disease. Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology https://doi.org/10.1038/s41575-020-00375-4
- Koç et al. (2020): The public health rationale for increasing dietary fibre: Health benefits with a focus on gut microbiota. Nutrition Bulletin 45: 294-308 https://doi.org/10.1111/nbu.12448
- National Institute for Health and Care Excellence (2017): Irritable bowel syndrome in adults: diagnosis and management. https://www.nice.org.uk/guidance/cg61
- Quigley et al. (2015): World Gastroenterology Organisation Global Guidelines Irritable Bowel Syndrome. J Clin Gastroenterol 50(9): 704-713 https://journals.lww.com/jcge/Fulltext/2016/10000/World_Gastroenterology_Organisation_Global.5.aspx
- Moayyedi et al. (2014): The Effect of Fiber Supplementation on Irritable Bowel Syndrome: A Systematic Review and Meta-analysis. Am J Gastroenterol 109: 1367–1374 https://journals.lww.com/ajg/Abstract/2014/09000/The_Effect_of_Fiber_Supplementation_on_Irritable.12.aspx
- https://www.ugb.de/ernaehrungsplan-praevention/resistente-staerke-ein-ballaststoff-kommt-in-mode/?resistente-staerke-ballaststoffe
- Gibson et al. (2017) Expert consensus document: The International Scientific Association for Probiotics and Prebiotics (ISAPP) consensus statement on the definition and scope of prebiotics.
Nature Reviews Gastroenterology and Hepatology 14: 491-502 https://www.nature.com/articles/nrgastro.2017.75 - Maike Groeneveld (2017): Mikrobiota und Ernährung. In: ERNÄHRUNG IM FOKUS 11–12 2017, S. 360–367
- Hill et al. (2014) The International Scientific Association for Probiotics and Prebiotics consensus statement on the scope and appropriate use of the term probiotic. Nature Reviews Gastroenterology and Hepatology 11: 506-514 https://doi.org/10.1038/nrgastro.2014.66